Highlights der Physik

Hast du heute schon ein Gerät benutzt, das die Quantenphysik nutzt? Möglicherweise überrascht dich die Antwort: Sie lautet klar und eindeutig „Ja“!

In jedem Haushalt finden sich unzählige technische Geräte, die quantenphysikalische Effekte nutzen. Dazu muss man gar nicht erst in die Tiefen der Mikroprozessoren von Smartphones vordringen. Schon das Licht der einfachen Kontrolllämpchen, der LEDs, die in praktisch allen Elektrogeräten eingebaut sind, entsteht durch quantenphysikalische Phänomene. Und selbst die Eigenschaften der fast ausgestorbenen Glühlampe sind nur mit Quantenphysik korrekt zu beschreiben. Die Grundidee, die die Quantenphysik von der klassischen Physik unterscheidet, besteht darin, dass Energie nicht in beliebig kleinen Portionen ausgetauscht werden kann, sondern die kleinste mögliche Größe dieser Portionen auf einen bestimmten Wert – ein Quant – festgelegt ist.

Der Zusammenhang von Energie E und Frequenz ν (griechisch „nü“) ist für alle quantenmechanischen Systeme durch die Konstante ℎ festgelegt.

Atomgenau Geweckt

Die Quanten sorgen dafür, dass du morgens pünktlich aufstehen kannst. Einer der wichtigen Taktgeber für unsere Welt ist nämlich die Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Hier wird aus Energiequanten unsere gesetzliche Zeit gemacht. In einer Fontäne (fast wie in einem Springbrunnen) von Cäsiumatomen werden Energiepakete erzeugt und vernichtet. Die Energie jedes einzelnen dieser Pakete ist dabei für alle Cäsiumatome im ganzen Universum immer gleich groß. Weil Energie und Frequenz eines Quants in einem festen Verhältnis zueinander stehen, lässt sich damit einheitlich die Sekunde definieren: Schwingt das Energiepaket 9 192 631 770-mal, dann ist exakt eine Sekunde vergangen. Die Atomuhr zählt also diese Schwingungen und sagt nach etwas mehr als neun Milliarden Zählungen „Tick!“ Dieses Prinzip ist viel genauer als etwa eine Quarz- oder eine Pendeluhr: Damit diese Uhr etwas mehr als eine Minute „falsch“ geht, hätte sie schon mit Entstehung des Universums vor 13,8 Milliarden Jahren eingeschaltet werden müssen.

Atomgenau: Die aktuelle Uhrzeit von uhr.ptb.de.

Flott transportiert

Um überhaupt neun Milliarden Schwingungen pro Sekunde zählen zu können, braucht es in der Metrologie (der Wissenschaft des Messens) sehr schnelle Apparate. Kernelement von solch einem flotten Zählwerk sind elektronische Schalter, sogenannte Transistoren. Sie bestehen aus Schichten von leicht unterschiedlichen, sandkornkleinen (und noch von viel kleineren) Halbleitern. Wenn Elektronen, die Signalträger der Elektronik, auf die mittlere von drei Schichten treffen, dann verändert sich die Leitfähigkeit des Transistors zwischen den beiden äußeren Schichten. Er wirkt sozusagen wie ein steuerbarer Wasserhahn für Elektronen, die zwischen den äußeren Schichten hindurchfließen sollen. Wenige Elektronen schalten auf diese Art sehr viele Elektronen, und mit diesen können dann durch geschickte Verknüpfung der Transistoren alle denkbaren Rechenoperationen sehr schnell ausgeführt werden: Milliarden der elektronischen Schalter befinden sich komplex verdrahtet auf den Mikrochips der Computer, egal ob im Smartphone, im Notebook oder im Großrechner.

Das hochgenaue Zeitsignal der PTB wird also mithilfe der Cäsiumatome in Computern erzeugt und dann über das Internet weiterverteilt. Für diese Datenübertragung laufen Elektronen in langen Kabeln zwischen Verteilerknoten hin und her – zunächst auf dem PTB-Gelände in Braunschweig, dann auf längeren Strecken zwischen den Städten. Lange Überlandleitungen und interkontinentale Tiefseekabel verzichten auf die Elektronen und transportieren die Daten in Form von Licht, das den Elektronen bei großen Entfernungen überlegen ist. Hier kommt eine weitere wichtige Quantentechnologie zum Einsatz: der Laser. Sein Licht leuchtet im Gleichtakt. Das heißt, die Wellenlängen aller beteiligten Lichtquanten – man nennt sie Photonen – sind gleich groß und außerdem noch „in Phase“. Dadurch sind die lichtgetragenen Datenpakete deutlich stabiler, als wenn sie mit normalem Licht in die Glasfaser eingespeist würden. Trotzdem müssen auf langen Strecken, wie etwa zwischen Europa und den USA, nach jeweils rund 50 Kilometern Verstärker eingesetzt werden, damit die Daten verlustfrei über den Atlantik kommen.

Abgespeichert

Falls du nach dem Wecksignal per Sprachsteuerung wie Siri oder Alexa mehr Schlafenszeit einforderst oder Aufwachmusik per Streaming abspielst, nutzt du genau solche Datenleitungen. Auf der anderen Seite des Atlantiks, in den großen Rechenzentren von Google oder Apple, werden die Daten analysiert und wiederum Datenpakete mit Kommandos an dein Smartphone zurückgeschickt – all das in Sekundenbruchteilen. Und auch in der Hardware deines Handys steckt Quantentechnologie: Jeder Computer arbeitet mit Prozessoren, Transistoren und anderen Halbleiterelementen, die auf quantenmechanischen Effekten beruhen. Der Festspeicher in SSDs (Solid State Drives), die längst die magnetischen Festplatten in Notebooks abgelöst haben, nutzt den quantenmechanischen Tunneleffekt. Dieser erlaubt es Elektronen, durch sehr dünne Wände hindurchzugehen. Und selbst dort, wo noch magnetische Festplatten zum Einsatz kommen – beispielsweise in den Rechenzentren eines Musikstreaming-Dienstes – trifft man auf quantenmechanische Phänomene. In magnetischen Festplatten sind die Daten als unterschiedlich gepolte Magnetfelder gespeichert, die die Nullen und Einsen der Digitaltechnik bilden. Einen wesentlichen Sprung in der Speicherdichte der Festplatten erzielten die Hersteller Ende der 1990er-Jahre mit dem Riesenmagnetowiderstand.  Dabei handelt es sich um einen quantenmechanischen Effekt, der den Widerstand in bestimmten Strukturen besonders stark von der Richtung magnetischer Nord- und Südpole in ihren einzelnen Schichten abhängig sein lässt. Grund dafür ist die Wechselwirkung des Magnetfeldes mit dem Spin des Elektrons – einer Größe, die seine Drehung beschreibt. Erst durch diese Entwicklung sind die riesigen Datenmengen handhabbar, die entstehen, wenn etwa auf YouTube pro Sekunde mehr als acht Stunden Videomaterial hochgeladen und ein Vielfaches davon angeschaut wird.

angetrieben

All die Technologien, die dich am Morgen antreiben, vom Computer über Musikstreaming bis zur Kaffeemaschine, benötigen elektrischen Strom – im besten Fall aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt: aus Wind– oder Sonnenenergie. Solarzellen nutzen auch ein quantenmechanisches Phänomen aus: Die Photonen, die die Sonne zu uns schickt, verschieben Elektronen innerhalb der Solarzellen. Dadurch entsteht eine elektrische Spannung, mit der man elektrische Geräte betreiben kann.

Wie effizient die Umwandlung von Licht in Strom gelingt, ist eine Frage der Anpassung des Materials der Solarzellen. Eine von den quantenmechanischen Eigenschaften des Materials abhängige Energiemenge pro Photon reicht zur Stromerzeugung aus. Wenn das Ansprechverhalten der Solarzelle optimal auf das Licht der Sonne angepasst ist, ist auch der Wirkungsgrad der Solarzelle besonders hoch. Bei modernen Solarzellen wird über 20% der einfallenden Sonnenenergie in elektrische Energie umgewandelt, der Weltrekord für eine spezielle Hightech-Solarzelle liegt 2021 sogar bei 35,9%.

Ideale Bandlücke: Ist die Energie eines Photons kleiner als die Bandlücke, dann geht das Photon ungenutzt durch die Solarzelle hindurch. Daher sollte die Bandlücke nicht zu groß sein. Allerdings kann nur die Energie, die der Breite der Energielücke entspricht, genutzt werden – eine zu kleine Bandlücke ist daher auch nicht optimal. Für das Sonnenspektrum ist eine Bandlücke von etwa 1,3 eV optimal, was einen Wirkungsgrad von 33% bringen kann. In der Praxis wird dieser Wirkungsgrad sogar überschritten, allerdings mit einem Trick: Es werden mehrere Solarzellen mit unterschiedlich großer Bandlücke übereinander gepackt!

Bild © GNU Free Documentation License/ CC BY-SA 3.0 Cepheiden/Wikimedia Commons

Das gleiche technische Prinzip ist auch für die brillanten Bilder verantwortlich, die mit Digitalkameras gemacht werden können. Das Licht trifft hier auf einen Sensor, der – etwas vereinfacht – aus vielen Millionen Mini-Solarzellen besteht. Zu den Millionen von Pixeln kommt noch eine Ausleseelektronik dazu, die aus den kleinen Strompulsen jeder einzelnen Solarzelle das digitale Bild erzeugen, das über die Datenleitungen an die Mikroprozessoren in Smartphone oder Digitalkamera gesendet werden.

OLED-Bildschirme erzeugen ein hervorragendes Bild. Sie bestehen aus einzelnen organischen Leuchtdioden, die Quanteneffekte benutzen, um die Grundfarben Rot, Grün und Blau zu erzeugen.

Bild: © CC BY 2.0 Maurizio Pesce / Wikimedia Commons

Zukunftsorientiert

Eine neue Art von Rechengeräten ist gerade dabei, von der Science-Fiction zur Realität zu werden: die Quantencomputer. Sie erlauben es grundsätzlich, andere Computeraufgaben zu lösen als mit den bisherigen, auf Transistoren und Bits basierenden CPUs. Methoden der Quanteninformatik werden es außerdem ermöglichen, physikalisch ganz sicher abhörgeschützte Kommunikationssysteme aufzubauen. Das ist zwar im großen Maßstab noch Zukunftsmusik – doch über eine atomgenaue Weckzeit mit sprachgesteuerter Lieblingsmusik aus einer fast unendlich großen Musikauswahl, kontrolliert über einen handgroßen Taschencomputer, hätte man das vor 20 Jahren sicher auch noch gesagt.